Versorgung vulnerabler Menschen in Krisenzeiten: Hamburg startet ersten Schritt zur inklusiven Krisenvorsorge
Ein Stromausfall. Kein Aufzug. Kein Telefon. Kein Internet. Für viele eine lästige Unterbrechung – für andere eine echte Bedrohung. Menschen, die auf Assistenz, Medikamente, barrierefreie Kommunikation oder technische Hilfsmittel angewiesen sind, geraten in solchen Momenten schnell in Gefahr. Doch was heißt das in einer Welt, in der Krisen keine Ausnahme mehr sind, sondern Teil der Realität?
Genau darum ging es am 17. Juni 2025 in der Kulturküche Alsterdorfer Markt, wo sich Verwaltung, Bundeswehr, Träger und zivilgesellschaftliche Akteur*innen trafen. Eingeladen hatte Ulrike Kloiber, Senatskoordinatorin für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen.
„Nicht im Krieg – aber auch nicht mehr im Frieden“
Kurt Leonards, Kommandeur des Landeskommandos Hamburg der Bundeswehr, schilderte in einem eindrücklichen Vortrag die aktuelle sicherheitspolitische Lage. Er sprach von hybriden Angriffen auf Infrastruktur, zunehmender geopolitischer Spannung – und der Notwendigkeit, sich als Gesellschaft neu aufzustellen.
Sein Appell: Resilienz ist heute wichtiger denn je. Und damit meinte er nicht nur technische Systeme – sondern vor allem die Menschen. Wie gut sind wir vorbereitet, wenn plötzlich Systeme versagen? Wie schnell können wir reagieren? Und: Wen vergessen wir dabei?
Resilienz heißt: Niemanden zurücklassen
In vielen Nachbarländern – etwa Finnland, Estland oder Schweden – gehört Resilienz zur Staatsräson. Dort ist es selbstverständlich, dass Menschen für Notfälle vorsorgen. Doch Resilienz entsteht nicht von allein. Sie braucht Strukturen, Informationen – und die bewusste Entscheidung, auch Menschen zu schützen, die außerhalb institutioneller Systeme leben.
Hier liegt in Hamburg noch Arbeit vor uns. Frau Kloiber stellte konkrete Handlungsfelder für die Versorgung vulnerabler Gruppen vor – insbesondere für Menschen mit Behinderungen, die autonom leben und keine Anbindung an Einrichtungen oder Pflegedienste haben. Diese Gruppen geraten in Notlagen oft aus dem Blick.
Eine Blaupause für den Notfall
Die Veranstaltung war nicht nur eine Bestandsaufnahme – sondern ein Auftakt. Hamburg plant die Entwicklung einer sozialräumlich ausgerichteten Handlungsempfehlung („Blaupause“) für Krisenfälle. Ziel ist ein praxistaugliches Konzept, das sich auf die Gegebenheiten in den Stadtteilen anwenden lässt – mit klaren Zuständigkeiten, funktionierenden Kommunikationswegen und erreichbaren Schutzangeboten.
Dabei sollen Betroffene, Selbsthilfegruppen, Ehrenamtliche und Fachleute aktiv einbezogen werden. Denn Resilienz entsteht nur gemeinsam – durch Vernetzung, Erfahrung und konkrete Vorbereitung.
Einladung zum Mitmachen
Das nächste Treffen zur Entwicklung dieser Blaupause findet am
📅 15. September 2025, um 9:00 Uhr,
📍 Sozialbehörde, Hamburger Straße statt.
Anmeldung per E-Mail an: Behindertenbeauftragte@bwfgb.hamburg.de
Alle sind eingeladen, die mitgestalten wollen – ob aus Vereinen, Initiativen, Fachstellen oder einfach mit Erfahrung aus dem Alltag.